Schon während meiner Kindheit und auch in der pubertären Zeit war die Natur für mich ein Rückzugsort und Freund. Denn ich konnte jederzeit bei ihr eintreten und sie bildete sich nie eine Meinung über mich. Ich erinnere mich gern an die Zeit, als ich mich mit meinem Hund stundenlang im Wald herumtrieb, mich mal als Wolf, Reh oder Adler gefühlt habe und durch das Dickicht geschlüpft bin oder auf einem Baum "Ausschau nach Beute" hielt. Ich denke, nicht allzu selten war mein Hund über mein Verhalten irritiert aber doch recht interessiert daran.
Und wie es so ist, möchte man guten Freunden helfen und sie unterstützen. Mein Freund, die Natur, begleitete mich durch alle guten und schlechten Lebensjahre. Und so war es mir klar, dass auch mein beruflicher Weg in die Richtung Natur- und Umweltschutz gehen muss. Als ich das erste Mal als "Tannenzapfenpflücker" in 30 Meter Höhe in den Wipfeln der Weißtannen inmitten meines heimatlichen Schwarzwaldes hing und über diese herrliche Baumwelt unter freiem Himmel blickte, verstand ich endgültig, dass ich in der Industriewelt, in der ich mich als Werkzeugmacher befand, nicht glücklich werden kann.
So ging ich erst einmal in die weite Welt hinaus, um die Natur und Wildnis auf diesem faszinierenden Planeten kennen zu lernen: Ein halbes Jahr in den USA ließ mich die unterschiedlichsten Nationalparks und die unglaublich vielseitige Tierwelt hautnah erleben. In Südamerika (Ecuador und Peru) lernte ich Menschen kennen, die so nah und intensiv mit der Natur lebten, dass sie trotz ihrer Armut einfach nur Freude und Lebensglück ausstrahlten. Das gleiche erlebte ich bei den Bergvölkern in Marokko. Die Einfachheit ihres Lebens und der tägliche Überlebenskampf in den kargen Bergen Nordafrikas sind für uns hochmodern entwickelte Menschen unvorstellbar. Und dennoch ist ihre Ausstrahlung ansteckend und beneidenswert. Den intensivsten Zugang zur Natur fand ich jedoch in den nördlichen Regionen Skandinaviens und Kanadas. Dort, wo mehr Elche oder Rentiere zuhause sind als Menschen. In dieser Zeit erlebte ich an mir selbst, wie die Natur Antworten auf Fragen gibt, die man sich selbst nie beantworten konnte. Ich spürte, wie klein und unbedeutend der Mensch -trotz seiner Eingriffe und Technologien- im Kreislauf der Welt erscheint.
Während meiner zweiten Berufsausbildung zum staatlich anerkannten Umweltberater und -pädagogen, hatte ich die Chance drei Monate lang im Nationalpark der sächsischen Schweiz im Bereich der Bildungsarbeit mitzuarbeiten. Dort habe ich die Begeisterung in mir entdeckt, mit Kindern die Natur zu erleben. Kinder entdecken, sehen und hören auf eine andere Art. Diese natürliche und freie Neugierde deckt neue Welten auf. Die Welten der Details und Fragen. Seit 1998 arbeite ich nun mit Kindern und Jugendlichen und es gab kein Tag an dem ich nicht auch mindestens genauso viel Neues erlebte als die jungen Menschen mit denen ich in der Natur umherstreifte.
Nun fehlte mir noch der richtige Ort, um meine natur- und wildnispädagogischen Arbeiten mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen intensiveren zu können. Diesen Ort fand ich im Tettnanger Hinterland im Tal eines naturbelassenen Flusses. Dort befindet sich nun über die Sommermonate mein "Auszeit"-Tipi auf einer idyllischen Streuobstwiese. Die Argen windet sich um den Platz und lässt das sanfte Rauschen wie Musik erklingen. Zahlreiche Menschen haben dort schon viele Stunden, Tage oder Wochen intensiv im Einklang mit der Natur gelebt, Energie getankt und eine ganz andere Wahrnehmung erfahren.
Ich freue mich auf weitere neue und alte Bekanntschaften in unserem Tipicamp oder auch in anderen Teilen dieses wunderschönen Planeten.
Bernd Heim-Bühler
Natur- und Wildnispädagoge
Spurenleser